Diese Frage der wirtschaftlichen Vertretbarkeit eines Sozialplans stellt sich Unternehmen, die in der Restrukturierung stehen und mit dem Betriebsrat Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan führen.
Wenn die Einigungsstelle über die Höhe des Sozialplanvolumens entscheidet, kann gerichtlich geklärt werden, ob die Dotierung eines Sozialplans rechtswirksam ist.
Die Frage, wie hoch das Sozialplanvolumen sein muss und welche Höhe Abfindungen haben müssen, klärte das Bundesarbeitsgericht in einem Fall, in dem sich der Betriebsrat gegen die Sozialplanhöhe wehrte.
Der Betrieb wurde stillgelegt. Arbeitgeber und Betriebsrat verhandelten über die Höhe des Sozialplanvolumens. Sie fanden keine Einigung, so dass das Arbeitsgericht eine Einigungsstelle einsetzte. In dieser verhandelte man wiederun vergeblich. Eine eine einvernehmliche Vereinbarung eines Sozialplanvolumens war auch in der Einigungsstelle nicht möglich.
Die Einigungsstelle entschied über die Höhe des Sozialplanvolumens, welches wirtschaftlich vertretbar war.
Dabei setzte die Einigungsstelle auch die Höhe der Abfindungen für die betroffenen Arbeitnehmer mit Einigungsstellenspruch fest. Dem Betriebsrat waren die dort festgelegten Abfindungssummen zu niedrig, so dass er den Spruch gerichtlich angriff.
Der Betriebsrat vertrat die Auffassung, dass die Abfindungen zu niedrig seien, um die wirtschaftlichen und sozialen Nachteile der Arbeitnehmer ausreichend abzumildern. Der Arbeitgeber müsse höhere Zahlungen leisten. Dies sei wirtschaftlich vertretbar. Der Sozialplan sei unterdotiert. Das Unternehmen sei ausreichend leistungsfähig, höhere Abfindungen zu zahlen.
Das Bundesarbeitsgericht sah dies anders. „Im Rahmen billigen Ermessens muss sie (die Einigungsstelle) unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Einzelfalls Leistungen zum Ausgleich oder zur Milderung wirtschaftlicher Nachteile vorsehen, dabei die Aussichten der betroffenen Arbeitnehmer auf dem Arbeitsmarkt berücksichtigen und bei der Bemessung des Gesamtbetrags der Sozialplanleistungen darauf achten, dass der Fortbestand des Unternehmens oder die nach der Durchführung der Betriebsänderung verbleibenden Arbeitsplätze nicht gefährdet werden. Der Ausgleichs- und Milderungsbedarf bemisst sich ausschließlich nach den den Arbeitnehmern entstehenden Nachteilen und nicht nach der Wirtschaftskraft des Unternehmens,“ so das Bundesarbeitsgericht.
Wirtschaftliche Vertretbarkeit wurde von Einigungsstelle korrekt festgelegt und die Abfindungshöhe im Sozialplan ermessensgerecht festgesetzt
Die Einigungsstelle legte das Volumen des Sozialplans korrekt fest. Die sozialen Belange der Beschäftigten waren berücksichtigt und die wirtschaftliche Vertretbarkeit für den Betrieb wurde angemessen beachtet. Das Bundesarbeitsgericht entschied, dass die Abfindungshöhe im Sozialplan von der Einigungsstelle ermessensgerecht festgesetzt wurde. Als Untergrenze müsse der Sozialplan mindestens Leistungen vorsehen, die noch als spürbare Milderung der wirtschaftlichen Nachteile angesehen werden könne, da § 112 Abs. 1 Satz 2 BetrVG eine substantielle Milderung der mit der Betriebsänderung einhergehenden wirtschaftlichen Nachteile verlange. Als Obergrenze dürfe kein größeres Gesamtvolumen des Sozialplans vorgesehen werden, als selbst für den vollen Ausgleich aller wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer erforderlich ist.
Als Obergrenze dürfe kein größeres Gesamtvolumen des Sozialplans vorgesehen werden, als selbst für den vollen Ausgleich aller wirtschaftlichen Nachteile der Arbeitnehmer erforderlich ist. Konkret wurden Abfindungszahlungen aufgeführt.
Diese Abfindungszahlungen wurden als ausreichend substantielle Milderung der mit der Betriebsänderung verbundenen wirtschaftlichen Nachteile für die Arbeitnehmer angesehen:
Altersgruppe bis bis 45,99 Jahre
Abfindungshöhe ca. 3.592,00 Euro brutto (bei einer durchschnittlichen Beschäftigungszeit von 5,82 Jahren, einem durchschnittlichen Gehalt von ca. 4.114,00 Euro brutto und einem Faktor von lediglich 0,15)
Altersgruppe von 46 bis 52,99 Jahre
Abfindungshöhe ca. 27.869,00 Euro brutto (bei einem durchschnittlichen Einkommen von etwa 4.550,00 Euro und einer durchschnittlichen Beschäftigungszeit von 24,5 Jahren)
Altersgruppe von 53- bis 61 Jahren
Abfindungshöhe ca. 38.016,00 Euro brutto (bei einer durchschnittlichen Beschäftigungszeit von 27 Jahren und einem durchschnittlichen Einkommen von ca. 4.400,00 Euro)
Hinsichtlich der rentennahen Jahrgänge die personell der Gruppe der über 61-Jährigen entsprachen, wurde es als nicht ermessensfehlerhaft angesehen, dass sie vollständig von Abfindungsleistungen ausgenommen wurden.
BUNDESARBEITSGERICHT Beschluss vom 7.5.2019, 1 ABR 54/17
Tipp von der Arbeitgeberkanzlei für Arbeitsrecht zur richtigen Dotierung eines Sozialplans
Das Festsetzen des Sozialplanvolumens und der richtigen Abfindungshöhe erfordert eine umfassende arbeitsrechtliche Prüfung und Begleitung. Als spezialisierte Fachanwaltskanzlei für Arbeitsrecht berate und vertrete ich bei der Verhandlung des Sozialplanvolumens.